Woher sie kamen
Die gemeinsamen Vorfahren von Neandertalern und uns heutigen Menschen (
Homo sapiens) lebten vor rund 600.000 Jahren in Afrika. Einige von ihnen verließen Afrika in Richtung Naher Osten und wanderten über das Gebiet der heutigen Türkei nach Europa. Vor 420.000 Jahren erreichten sie die iberische Halbinsel und zeigten bereits erste anatomische Merkmale der Neandertaler. Ab etwa 190.000 Jahren nahmen die typischen Neandertalermerkmale zu – etwa der gedrungene Körperbau und die verkürzten Gliedmaßen – und waren vor rund 120.000 Jahren voll entwickelt.
Wie sie lebten
Neandertaler lebten in Gruppen von zehn bis 15 Mitgliedern. Im Winter bewohnten sie Höhlen, die ihnen Schutz vor der bitteren Kälte gaben, in den Sommermonaten Lagerplätze, in deren Umgebung sie Tiere jagten oder Pflanzenkost sammelten. Mit Lanzen und Speeren machten sie Jagd auf Großtiere wie Rentiere, Pferde oder Mammuts. Die Felle der Beute dürften sie genutzt haben, um daraus Kleidung zu fertigen – auch wenn davon nichts erhalten ist. Sie beherrschten das Feuer und nutzen es, um sich zu wärmen oder Nahrung zuzubereiten.
Was sie konnten
Sicher verfügten die Neandertaler über eine komplexe Sprache – sonst hätten sie nicht als Gemeinschaft überleben und nicht in der Gruppe Großwild jagen können. Sie fertigten hölzerne Stoßlanzen und Wurfspeere, deren Spitzen sie mit Steinklingen versahen. Um die Steinspitzen zu befestigen half ihnen ein Kleber, den sie selbst herstellten: Birkenpech. Neandertaler beherrschten eine besondere Methode der Steinbearbeitung, die Levallois-Technik: Dabei bearbeiten sie eine Feuerstein-Knolle mit einem Schlagstein so, dass sie von diesem „Kern“ anschließend mit gezielten Schlägen ein Werkzeug in gewünschter Form abtrennen konnten.
Auch als Künstler sind die Ur-Europäer inzwischen anerkannt, hinterließen etwa einfache Höhlenmalereien – wobei sie rote, gelbe und schwarze Pigmente nutzten – und Gravuren auf Knochen. Es gibt Hinweise darauf, dass sie ihre Toten besonders behandelten, vielleicht sogar bestatteten.
Wie sie aussahen
Die Neandertaler waren überaus kräftig gebaut, gleichzeitig gedrungen und mit dicken Muskelpaketen ausgestattet. Männer wurden im Durchschnitt 1,60 Meter groß und etwas mehr als 80 Kilogramm schwer; Frauen blieben etwas kleiner und zehn Prozent leichter. Die Arm- und Beinknochen waren kürzer als bei heutigen Menschen; vor allem die Unterschenkel und Unterarme. Die Knochen waren erheblich dicker und leicht gekrümmt, die Hüfte breit, die Beine mehr nach außen gedreht.
Neandertaler hatten breite, robuste Zehen, sehr kräftige Finger und einen großen, breiten Brustkorb. Der Schädel war langgezogen, die Stirn fliehend und über den Augen saßen dicke Knochenwülste. Ihre Nase war riesig, das Gesicht stand vor und ein Kinn fehlte. Beindruckend war ihr Gehirn: Mit durchschnittlich 1520 Kubikzentimeter Volumen war es größer als das heutiger Menschen. Vermutlich waren die Neandertaler blond oder rothaarig und hatten eine eher helle Hautfarbe; es gab aber sicher große Unterschiede zwischen Neandertalern unterschiedlicher Regionen.
Weshalb sie untergingen
Vor rund 40.000 Jahren verschwanden die Neandertaler plötzlich von der Erde – aus welchen Gründen, wird noch immer diskutiert. Auffallend ist jedoch, dass ihr Niedergang begann, kurz nachdem der moderne Mensch, der
Homo sapiens, in Europa auftauchte. Die Neandertaler könnten von eingeschleppten Krankheiten dezimiert worden sein, waren vielleicht zu einseitig auf die Großwildjagd spezialisiert, hatten womöglich eine geringere Geburtenrate oder weniger fortschrittliche soziale oder kulturelle Strukturen, vielleicht auch eine unterlegene Waffentechnologie. Gelöst ist das Rätsel bislang nicht.
Was wir von ihnen erbten
Dank der enormen Fortschritte der Gentechnologie und der Entzifferung von Erbsubstanz aus fossilen Knochen wissen wir heute, dass Neandertaler sich mit dem
Homo sapiens vermischt haben und genetische Spuren in uns hinterließen: Heutige Europäer tragen rund zwei Prozent Neandertaler-Gene in sich. Diese Gene stärken zum Beispiel unser Immunsystem, verschlimmern allerdings Corona-Infektionen. Eine Variante vermindert das Prostata-Krebsrisiko, eine andere macht Frauen fruchtbarer. Auch auf die Schmerzempfindlichkeit, sowie die Schädelform und Hirnstruktur haben die Neandertaler-Gene in uns Einfluss. Ebenso können sie auf die Tönung der Haut, die Haarfarbe, den Schlaf oder die Stimmung wirken.
Noch mehr Information
Eine ausführlichen Beitrag über die Neandertaler findet sich auf der Website der Riffreporter
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